05/03/2018
"Sie war da und sie war drin"
Die Erziehungswissenschaftlerin Marisa Kern ist die erste Schulsozialarbeiterin an der Fürstabt-Gerbert-Schule in St. Blasien.
ST. BLASIEN. 36 Nationen, Einheimische und Geflüchtete, kulturelle Unterschiede, Probleme durch neue Medien – Schulsozialarbeit ist auch in St. Blasien kein Luxus, sondern ein wichtiger Teil der Arbeit an der Fürstabt-Gerbert-Schule. Marisa Kern aus Schluchsee hat ihre Stelle Anfang des Jahres angetreten.
Die 25 Jahre alte Erziehungswissenschaftlerin musste nicht lange warten, bis die Schüler an ihre Tür klopften oder sie auf dem Gang ansprachen – Einzelgespräche mit Schülern, Gespräche mit Eltern und auch mit dem
Jugendamt gehören zu ihrem Tagesgeschäft, erzählt Kern. Der Bedarf sei hoch.
Sie sei dankbar, dass die Stadt die Notwendigkeit erkannt und eine Vollzeitstelle eingerichtet hat, sagt Schulleiterin Susanne Schwer. Die Aufgaben der neuen Kollegin seien vielfältig. In einer 30 Schüler starken Klasse sei eine Einzelbetreuung schwierig, weiß Schwer, da komme dann eben bei Bedarf die Schulsozialarbeiterin ins Spiel.
Marisa Kern hilft mit ihrer Arbeit unter anderem bei der Integration oder sie wird tätig, wenn Schüler familiäre Schwierigkeiten haben, die sich natürlich auch auf die Schule auswirken können, wie Susanne Schwer erläutert. "Da kamen wir als Schule langsam an unsere Grenzen", sagt sie. Schule müsse schließlich Wissen vermitteln, aber sie sei eben auch "Lern- und Lebensort" – die Schule werde immer mehr in die Erziehung eingebunden, ergänzt Kern.
Bedarf gibt es nicht nur in den großen Städten, weiß die Erziehungswissenschaftlerin und man könne auch nicht eindeutig zwischen Land- und Stadtproblemen unterscheiden. Wenn also eine Schülerin oder ein Schüler ein Problem haut und sich beispielsweise selbst verletzt, sei die Anwesenheit von Marisa Kern eine große Entlastung für die Lehrer.
Und mit den Lehrern pflege sie ebenfalls einen engen Kontakt, sagt Kern – sie gehöre zum Kollegium der Fürstabt-Gerbert-Schule, unterstreicht Susanne Schwer.
Wenn eine Schülerin oder ein Schüler ein Problem hat, informiere sie sich, spreche mit dem oder der Betroffenen. Sie überlege, welche Hilfe am besten wäre und vermittle diese dann möglichst auch, sagt Kern. "Das beruhigt ungemein", sagt die Schulleiterin. Man könne vorhandene Probleme gemeinsam besprechen und die Vorgehensweise abwägen.
Nach ihrem Start an der Fürstabt-Gerbert-Schule sollte es zunächst eine Orientierungsphase geben, sagt Susanne Schwer. Die Zeit bekam sie jedoch nicht – "sie war da und sie war drin", sagt die Schulleiterin. Lehrer
haben ihre neue Kollegin angesprochen, etliche Kinder kamen von sich aus auf sie zu.
Und nicht nur die Werkreal- und Realschule gehören zu ihrem Tätigkeitsfeld, ihre Arbeit fange in der Grundschule an, denn "familiäre Probleme gibt es in allen Altersstufen." Ihre wichtigste Aufgabe sei es, sensibel und mit offenen Augen durch den Schulalltag zu gehen und vor allem Vertrauen zu den Schülern aufzubauen, sagt die neue Schulsozialarbeiterin.
Wenn es die Vermutung gibt, ein Kind werde zum Beispiel geschlagen, müsse man es beobachten, ohne dass es sich beobachtet fühlt, sagt die Schulleiterin. Und gleichzeitig müsse sie es schaffen, die Verbindung zu diesem Kind zu stärken.
Einzelberatungen sind selbstverständlich, in Zukunft werde es aber auch Klassenseminare zu akuten Themen (Sucht, Gewalt, Mobbing) geben, sagt Kern.
Zum Artikel: http://www.badische-zeitung.de/st-blasien/sie-war-...